Palazzina Appiani. Kleinod mitten in Mailand

Palazzina Appiani. Kleinod mitten in Mailand. Außenansicht. Zu sehen ist ein zweistöckiges Gebäude mit mit fünf Portikus. Darüber ein Balkon mit Geländer aus Säulen und einer Italienflagge im Zentrum. In der ersten Etage sind 9 hohe Fenster bzw. Türen mit grünen Fensterläden zu sehen. Vor dem Gebäude befindet sich eine Kiesfläche.
Palazzina Appiani. Kleinod mitten in Mailand

Seit September bin ich stolze Besitzerin einer FAI-Karte. Konkret: Ich bin Mitglied des „Fondo per l’ambiente italiano“, kurz FAI. Eine gemeinnützige Stiftung für Denkmalpflege und Naturschutz in Italien (siehe Infokasten).

Erstmals ausgeführt habe ich meine Mitgliedskarte in Mailand. Ich habe die Palazzina Appiani, ein Kleinod mitten in Mailand, in einer geführten Tour besichtigt.

Palazzina Appiani. Kleinod mitten in Mailand

Auf Napoleons Spuren in Mailand

Das im neoklassizistischen Stil erbaute Gebäude liegt mitten in Mailand – im Parco Sempione. Es gehört der Stadt Mailand und wurde 2015 der FAI anvertraut. Erbauen ließ das Gebäude kein geringerer als Napoleon Bonaparte (1769-1821). Er war im Jahre 1796 mit seinen Truppen in Mailand einmarschiert, krönte sich selbst 1805 im Dom zum König von Italien, hinterließ ein paar Gebäude und blieb bis 1814.

Rund um das Schloss Sforzesco initiierte er eine städtebauliche Neuordnung des riesigen Areals. Es wurde zu seinem Wahrzeichen: Konzipiert als großer Exerzierplatz mit Triumphbogen, dem Arco della Pace, und der Arena Civica, einer Arena für öffentliche Aufführungen. Und damit sind wir nun auch wieder bei der eingangs erwähnten Palazzina Appiani.

Denn: Für seine öffentlichen Auftritte in der Arena Civica wollte Napoleon für sich und seine Ehrengäste eine standesgemäße Tribüne und einen repräsentativen Zugang. Gesagt getan: Er beauftragte Luigi Canonica (1762-1844) nicht nur mit dem Bau der Arena, sondern auch mit einem Gebäude, deren Loggia sich zur Arena hin als Ehrentribüne öffnete. Die Bauzeit: Gerade mal zwei Jahre. Am 7. Dezember 1807 wurde sie mit einer großen Naumachie (nachgestellte Seeschlacht) in Anwesenheit Napoleons als Arena del Foro Bonaparte eröffnet. Seit sie im Besitz der Stadt Mailand ist, also seit 1870, heißt sie Arena Civica. Im Jahr 2002 wurde sie in Gedenken an den Journalisten und Schriftsteller Gianni Brera (1919-1992) in Arena Civica Gianni Brera umbenannt.

Ehrentribüne Palazzina Appiani

Der Eingang befindet sich außerhalb der Arena an der (heutigen) Parkseite. Fünf Portikus, darüber ein Balkon mit der obligatorischen Italienflagge. Dahinter fünf hohe Türen mit grünlichen Holzläden. Eine Balustrade umrundet das flache Dach. Seitlich zurückgesetzt befinden sich je zwei weitere Fenster. Das Gebäude schließt nahtlos an die Arenamauern an. Die Säulen des Balkons setzten sich einst rings um die Arena fort. Heute sind sie nur noch teilweise vorhanden. Was geblieben ist, sind die Baumreihe, die heute wie damals die Arena umgeben. Damals hatten sie die Aufgabe die Arena zu nobilitieren.

Vor dem Eingang stehen einige äußerst freundliche Damen hinter einem Infotisch zur FAI. Eine der Damen wird gleich durchs Haus führen und Erläuterungen geben. Mit mir haben sich an diesem sommerlichen Oktobertag noch weitere acht Menschen eingefunden. Die Führerin gibt uns zunächst im Freien einige Details zum Gebäude. Sie lenkt unseren Blick auf die Portikusfassade im neoklassizistischen Stil verbunden mit der Frage an wen sie uns erinnere: An die Scala, so unsere einstimmige Antwort. Und damit liegen wir auch völlig richtig. Der Architekt Luigi Canonica (1762-1844) war Schüler von Giuseppe Piermarini (1734-1808), Erbauer des Teatro alla Scala.

Palazzina Appiani. Kleinod in Mailand. Außenansicht. Zu sehen ist ein zweistöckiges Gebäude mit mit fünf Portikus. Darüber ein Balkon mit Geländer aus Säulen und einer Italienflagge im Zentrum. In der ersten Etage sind 5 hohe Fenster bzw. Türen mit grünen Fensterläden zu sehen.
Eingang zur Palazzina Appiani. Ein Kleinod mitten in Mailand

Wir betreten das Gebäude. Auf dem Boden fünf Mosaike in Form eines Teppichs. Nur eines tanzt aus der Reihe. Das mittlere. Es enthält das Wappen der Stadt Mailand. Dies wurde später hinzugefügt. Doch auch im Original war dort ein anderes Muster. An der Decke hängen Lüster.

Palazzina Appiani. Kleinod mitten in Mailand. Im Eingangsbereich der Palazzina Appiani sind auf dem Boden vier der fünf Mosaike in Form von Teppichläufern zu sehen. Von der Decke hängt ein einfacher Leuchter. Links sind Türbogen mit geschlossenen Fenster zu sehen. Links Durchgänge in Bogenform
Eingangsbereich des Palazzina Appiani mit Mosaiken in Form von Teppichen.

Wir biegen links ab, die Treppe hoch und befinden uns im Ehrensaal: Marmorfußboden, mehrere Kristallleuchter der gelb gestrichenen Decke, die sich nach oben zu wölben scheint. Zwischen den Balkontüren hängen Spiegel. Ein Fries umrahmt den gesamten Saal unterhalb der Decke. Er soll an die Triumphzüge der römischen Flachreliefs der Kaiserzeit erinnern. Gemalt im Stil von Andrea Appiani, dem Namensgeber des Gebäudes.

Einst hätten wir das Gebäude gar nicht betreten dürfen. Es war gedacht für Napoleon selbst, seine Familie, enge Vertrauten und hochrangige Gästen, die er eingeladen hatte, dem Spiel, in der Arena beizuwohnen.

Ehrensaal im Pallazzina Appiani. Zu sehen ist die Fensterfront mit leichten weißen Gardinen. Eine Tür ist geöffnet. In der Mitte des Bildes hängt ein Kronleuchter von der gelb gestrichenen Decken. Über den Fenstertüren ist der Fries zu erkenne, der sich rings um den gesamten Saal zieht. Der Raum ist leer, der Boden ist aus feinem Stein.
Blick in den Ehrensaal
Ehrensaal im Pallazzina Appiani. Zu sehen drei Fenstertüren mit eichten weißen Gardinen. Eine Tür ist geöffnet. Über den Fenstertüren ist der Fries zu erkennen, der sich rings um den gesamten Saal zieht. Zwischen den Türen hängen schmale Spiegel. Der Raum ist leer, der Boden ist aus feinem Stein.
Fries im Ehrensaal der Palazzina Appiani

Arena Civica – Wo einst Inter spielte

Vom Ehrensaal geht es hinaus auf die Ehrentribühne – einer einfachen Loggia. Damals noch ohne Geländer. Vor uns liegt das ellipsenförmige Stadion. Für den Bau wurden Steine aus dem Abriss der spanischen und österreichischen Befestigungsanlagen um das Castello Sforzesco sowie vom Viscontikastell in Trezzo sull’Adda verwendet. Damit besteht das Bauwerk vollständig aus recycelten Steinen.

Zu Napoleons Zeiten wurde die Innenfläche mit Wasser aus den Navigli (Kanäle) geflutet, um nachgestellte Seeschlachten stattfinden zu lassen. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts fanden dort auch Pferderennen, Zirkusshows, Partys oder Ballonaufstiege statt.

Die Arena wird bis heute als Wettkampf- und Sportstätte genutzt: Am 30. Mai 1909 endete hier der erste Giro d’Italia. 1910 fand das erste Spiel der italienischen Fußballnationalmannschaft – gegen Frankreich – statt. Die Azzurri gewannen mit 6:2. Von 1930 bis 1947 trug Inter Mailand hier seine Heimspiele aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Rugby- und Basketballspiele und internationale Leichtathletikwettbewerbe ausgetragen. Die Mailänder Leichtathlet*innen nutzen das Stadion bis heute.

Ich verlasse die Arena Civica und den Palazzina Appiani mit dem guten Gefühl wieder etwas Neues über meine italienische Lieblingsstadt gelernt zu haben.

Auf dem Instagram-Profil @Milano_scomparsa_o_quasi habe ich ein paar alte Ansichten der Arena Civica entdeckt. Auf den Bildern eins, drei und vier ist an der linken Längsseite die Palazzina Appiani zu sehen, auf Bild fünf auf der rechten Seite.

Du hast Lust bekommen den Palazzina Appiani zu besichtigen? Du kannst die Ehrentribühne ohne Führung von Freitag bis Sonntag besichtigen. Ich empfehle dir allerdings eine Führung zu buchen, weil du einfach mehr erfährst. Du musst dafür auch nicht Mitglied der FAI werden. Auf dieser Seite der FAI erfährst du mehr über den Besuch, Führungen und Ticketkauf.

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