
Es ist ein spätsommerlicher Tag in Triest. Beschwingt trete ich vor die Tür meines Hotels*, die Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht, ich atme einmal tief ein und rieche das Meer. In der Ferne sehe ich ein paar Schiffe. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lassen sich einige Triesterinnen und Triester auf der gepflasterten Uferpromenade mit einem Handtuch nieder. Besonders gut Organisierte haben auch einen Liegestuhl dabei.
Badevergnügen in Triest
Innige Beziehung zum Meer
Die teils schattige etwa 5 km lange Uferpromenade von Barcola verläuft vom Schloss Miramare bis zum Pinienwald Barcola und ist für Triests Bevölkerung Stadtbadestrand – und noch mehr. Die Triester und Triesterinnen haben nämlich eine ganz besonders innige Beziehung zum Meer: Hier werden Liebeserklärungen gemacht, Beziehungen beendet, man kommt zum Lesen, zum Baden oder was auch immer hierher und das im Sommer wie im Winter.
Pflasterpromenade ersetzt den Strand
Ich laufe Richtung Innenstadt. Steinküsten säumen die breite Pflasterpromenade auf der einen Seite, auf der anderen trennt eine Oleanderhecke die Promenade von der Fahrbahn.
Wer zum Baden kommt, kommt mit dem Bus oder parkt sein Auto oder den Motorroller, streift die Kleidung ab und macht einen Sprung ins azurblaue kühle Wasser.
In Triest gibt es keinen Strand im herkömmlichen Sinne. Die langen Sandstrände mit aufgereihten Liegestühlen sucht man hier vergebens. Ok, es gibt auch ursprüngliche Sand- oder Steinstrände im Rest Italiens, aber Uferpromenaden und Badeanstalten auf Stelzen – das gibt’s nur in Triest. Überhaupt ist Sand für die Triester und Triesterinnen nur ein lästiges Etwas, das nach dem Schwimmen an der Haut klebt.
In Triest geht man ins Bad und nicht ans Meer
Triester und Triesterinnen gehen nicht ans Meer, sondern ins Bad (andare al bagno). Das Meer ist so nah an den Wohnhäusern, so als würde man nur durch eine Tür treten und schon im Bad stehen. Da es so nah ist, verbringen sie auch viel Zeit „im Bad“: morgens, in der Mittagspause, abends, ein letztes Bad, bevor’s zum Abendessen geht.

Ich laufe Slalom zwischen ausgebreiteten Handtüchern und mitgebrachten Liegestühlen, komme an kleinen Büdchen vorbei, die Snacks und Getränke anbieten. Bunte Korbsessel und Tische stehen im Schatten daneben. Ich höre das Lachen von Kindern, den Aufprall der Jugendlichen, die von den Klippen ins Meer springen und sehe das Wasser aufspritzen.
Terrassen in Form von Mickey-Mouse-Ohren
Ich komme an den „Topolini“ (Mäuschen oder Mickey Mouse) vorbei. Den Namen haben diese zehn halbrunden Terrassen von der Mäuseohren ähnlichen Form. Am Ufer aufgereiht ragen sie ins Meer. Im vergangenen Jahr haben die Topolini Namen beliebter Persönlichkeiten der Stadt bekommen: Das Topolino eins ist der Astrophysikerin Margherita Hack gewidmet, die Nummer neun dem Modeschöpfer Ottavio Missoni und die Nummer acht der Schauspielerin Ave Ninchi, um ein paar zu nennen.

Schließlich erreiche ich das Pinienwäldchen von Barcola. Hier im Schatten der Bäume sitzen ältere Frauen und Männer auf mitgebrachten Stühlen an Tischen und spielen Karten oder unterhalten sich.
Triests Badeanstalten
In Triest gibt es neben der Uferpromenade eine weitere Besonderheit: Badeanstalten auf Stelzen. Etwa das Bagno La Lanterna Pedocin, kurz „El Pedoncin“ im Süden der Stadt, nicht unweit des Hafens. 1903 eröffnet gehen hier bis heute Männer und Frauen getrennt voneinander baden. Eine Hälfte ist für Frauen reserviert, die andere, durch eine Mauer getrennt, für Männer.

Nicht weit davon entfernt gibt es das bei Alt und Jung beliebte L’Ausonia oder das etwas außerhalb gelegene Bagno da Sticco in der Nähe des Schlosses Miramare.
In den folgenden Tagen plane ich meine Besichtigungstouren durch Triest immer so, dass ich abends noch rechtzeitig zum Baden zurück bin und mach’s den Triesterinnen gleich: T-Shirt abgestreift und ab ins Wasser.
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