Unterwegs in der Franciacorta

Unterwegs in der Franciacorta. Ein schmaler Weg, der auf einen bewaldeten Berg zuführt, rechts davon Weinstöcke in der Franciacorta
Unterwegs in der Franciacorta

[versione italiana]

Meine Liebe zum Iseosee ist noch relativ jung. Bislang war ich zweimal dort, immer nur für ein oder zwei Tage. Dieses Mal sollte es etwas länger sein, mit dem konkreten Ziel, die Gegend Franciacorta mit ihrem berühmten Schaumwein zu entdecken: den Franciacorta.

Wo liegt die Franciacorta?

Die Franciacorta ist ein Gebiet in der Lombardei, in der Provinz Brescia. Sie erstreckt sich vor allem südlich des Iseosees von Pilzone im Nordosten bis Paratico im Nordwesten, von Cologne bis Cellatica im Süden. Das Gebiet ist mit 200 Quadratkilometern relativ klein und umfasst 19 Gemeinden. Aber: Es gibt dort etwa 120 Weingüter! Einige produzieren Rot- und Weißwein, doch eigentlich steht das Weinbaugebiet für seinen gleichnamigen Schaumwein. Noch nie davon gehört? Das könnte daran liegen, dass der große Erfolg des Weinanbaus hier erst in den 1960er Jahren begann.

Blick von einer Anhöhe auf der Monte Isola auf den Iseosee. Am Hang Bäume, Olivenhaine und Weinstöcke
Blick von einer Anhöhe auf den Iseosee

Ein wenig Historisches

Von curtes francae zu Franciacorta: Der Name Franciacorta taucht erstmals 1277 im Zusammenhang mit den curtes francae oder auch Franzia curta auf. Es gibt verschiedene Erklärungen für den Ursprung des Namens. Einige führen ihn auf die kurze (corta) Verweildauer der Franken zurück. Andere verweisen darauf, dass dieses Gebiet eine gewisse Zeit lang keine Zollabgaben zu zahlen hatte. Das Gebiet wurde stark durch die Präsenz großer klösterlicher Einrichtungen geprägt, die hier im frühen Mittelalter große Besitztümer hatten und Bedeutung erlangten durch die Urbarmachung und Trockenlegung der Region sowie den Landbau. Als Gegenleistung wurden die Mönche von den ansässigen Herrschern und Bischöfen von der Zollpflicht befreit. Die größeren Handelszentren (curtes) wurden also zollfrei (francae).

Weingut Corte Aura. Teil des Hofgebäudes mit großen Türen und grünen Markisen im Hintergrund, in einem begrünten Rondell ein Olivenbaum
Hof des Weingut Corte Aura

Was ist die Besonderheit des Franciacorta-Weins?

Franciacorta ist ein Schaumwein, der erst vor kurzem geboren wurde. Die erste Flasche wurde 1961 von der Weinkellerei Berlucchi hergestellt. Andere Weinkellereien folgten dem Beispiel Berlucchis, und heute gibt es in der Gegend mehr als 120 Weingüter, von denen 118 Mitglieder des Konsortiums Franciacorta sind.
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Bloggerin Ulrike Schmid vor Franciacorta-Flaschen, die ihre zweite Gärungsphase durchlaufen. Die Flaschen liegen dicht gestapelt Im Weinkeller von Corte Aura in der Franciacorta.
Inmitten von 400 000 Flaschen Franciacorta auf dem Weingut Corte Aura
Franciacorta wird unter höchsten Qualitätsansprüchen nach der „metodo classico“ im Stil des Champagners hergestellt: von Hand geerntet; zweite Gärung in der Flasche; begrenzte Region; als Rebsorten nur Chardonnay, Pinot Bianco und Pinot Nero sowie als Minimum eine 18-monatige Gärung, um nur einige Besonderheiten zu nennen. Im Jahr 1990 wurde das Konsortium Franciacorta gegründet und fünf Jahre später erhielt der Wein die D.O.C.G., was „kontrollierte und garantierte Herkunftsbezeichnung“ bedeutet.

Was gibt es in der Franciacorta zu entdecken?

Abgesehen vom leckeren Schaumwein ist die Franciacorta wie auch die gesamte Umgebung des Iseosees ein wunderschönes Gebiet für diejenigen, die es weniger touristisch lieben, die es gerne langsamer angehen und sich in der Natur aufhalten möchten. Der Tourismus nahm erst zu, als Christo die Floating Piers, die ponte gallegiante, auf dem See installierte. Glücklicherweise ist das Gebiet dennoch nicht so überlaufen wie der Lago Maggiore, der Comersee oder der Gardasee. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass es (noch) nicht so viele Hotels und Restaurants gibt. Ich hoffe, das bleibt noch eine Weile so.

Für meinen Aufenthalt wählte ich ein Hotel (mit Pool – herrlichst!) in Paratico – direkt am See. Da ich mich auch im Urlaub gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewege, und ich nach Paratico mit Zug und Bus reisen konnte, war dieser Ort ein optimaler Ausgangspunkt.

Natur pur zu Fuß oder mit dem Rad

Ich habe einige Wanderungen am Iseosee unternommen. Etwa auf der Monte Isola hoch zum Santuario della Madonna della Ceriola sowie von Paratico nach Adro. Am meisten Spaß hatte ich jedoch auf dem Rad, das ich im Hotel mieten konnte. Ich habe einen Teil der Franciacorta-Brut-Route gemacht – die grüne. Es gibt fünf ausgewiesene Franciacorta-Fahrradrouten, die „Strada del vino Franciacorta. Jede Route hat ihren eigenen Namen, der sich auf den Wein bezieht: Franciacorta Satèn – gelbe Route, Franciacorta Pas Dosé – blaue Route, Franciacorta Brut – grüne Route, Franciacorta Rosé – rote Route sowie Franciacorta Extra Brut – schwarze Route.
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Die Franciacorta-Radroute ist ganz zauberhaft – zumindest der Teil, den ich fuhr. Ich radelte auf schmalen Straßen, an Weinbergen entlang und durchquerte hin und wieder kleine Dörfer. Aber Vorsicht, wenn du mit einem einfachen Fahrrad unterwegs bist. Ich habe die Höhenunterschiede etwas unterschätzt. Die Strecke ist ein einziges Auf und Ab.
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Die Idee für die Franciacorta-Radroute stammt vom Franciacorta-Konsortium. Sie verläuft zwischen dem Gebiet des Iseosees, das vom Monte Orfano, dem Monte Alto und den Flüssen Mella und Oglio begrenzt wird, und Brescia. Sie ist etwa 80 Kilometer lang, vorbei an den 19 Gemeinden der Franciacorta. Die Schilder findest du überall. Alternativ kannst du dir die Karte von der Website des Konsortiums herunterladen. Dann verpasst du auch garantiert keine Sehenswürdigkeit und kein Weingut.

Historische und kulturelle Sehenswürdigkeiten

Neben der Natur und den Weinkellern gibt es viele schöne Dörfer, Schlösser sowie andere historische und kulturelle Orte und Museen. In Sarnico gibt es zum Beispiel ganz reizende Sträßchen und die barocke Kirche San Martino aus dem 18. Jahrhundert. So ein kleines Schmuckstück hatte ich dort nicht erwartet.
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Innenansicht der barocken Kirche San Martino mit Blick in den reich dekorierten Altarraum, schlicht dunkelbraune Holzkirchenbänke und Säulen aus rosa Marmor und Akantuskapitellen an den Seiten
Barocke Kirche San Martino

In Paratico und Umgebung habe ich den Lantieri-Turm und das berühmte Lantieri-Schloss hoch über Paratico gesehen, allerdings nur von außen. Der Legende nach hielt sich Italiens berühmtester Dichter, Dante Alighieri, um 1312 – während des Krieges zwischen den Ghibellinen und den Welfen – in Paratico am nordwestlichen Ufer des Iseosees auf. Die Adelsfamilie Lantieri nahm ihn in ihrem Schloss als Gast auf. Angeblich haben ihn das Schloss und die Insel Monte Isola für das „Fegefeuer“ seines Hauptwerks „Die Göttliche Komödie“ inspiriert.

Iseo ist der berühmteste Ort am See, nicht nur, weil er nach dem See benannt ist, sondern weil er der vielseitigste, lebendigste ist. Iseo ist auch das einzige Städtchen, das einen touristischen Eindruck erweckt.

Am See entlang

Auch ein Spaziergang entlang des Sees lohnt sich, und du solltest unbedingt zum alten Bahnhof in Paratico gehen, der heute „Bohem La Stazione“ heißt. Er ist eine bunte Mischung aus kleinen Läden und doch nur einer. So kann man etwa Blumen oder Süßigkeiten kaufen, und es gibt auch ein Bistro der perfekte Ort für einen Aperitif sowohl im Freien als auch drinnen. Der Stil ist eine Mischung aus Retro (Florales und Süßes) und Modern (Bistro).

Ich habe eine Vielfalt aus Natur, Sehenswürdigkeiten, Dörfern und Weingütern erlebt. Aber ganz ehrlich – mein Hauptziel waren die Weingüter. Drei von ihnen habe ich besucht. Jedes war so ganz anders – allen gemein ist aber, dass sie leckeren Franciacorta produzieren. Was ich dabei gelernt und so alles erlebt habe, erzähle ich euch in den nächsten Artikeln …

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Lecco: Ein Tag im Naturpark Monte BarroTeil 2 meiner Franciacorta-Serie: Ein Besuch des Weinguts Corte Aura in der Franciacorta
Teil 3 meiner Franciacorta-Serie: Von Dante zum Ort der Steine: Die Kellereien Bredasole und Cornaleto in Franciacorta
Dabei, bei der  Traubenlese auf dem Weingut Foffani im Friaul
Lecco – Ein Tag im Naturpark Monte Barro
Slow Travel in Venedigs Lagune – Sant’Erasmo

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