Ein herrlich sonniger Morgen in Italien, der Duft frischen Kaffees und warmer Croissants liegt in der Luft. Zeit, ein paar Gedanken zum italienischen Frühstück aufzuschreiben und mit einer Legende aufzuräumen: Nämlich der, dass „Italiener in einer Bar frühstücken“ und zum Espresso ein Croissant bzw. cornetto essen. So ganz falsch ist es nicht, aber …
Inhaltsverzeichnis
Wie sieht ein italienisches Frühstück aus?
Diesbezüglich muss unterschieden werden in „colazione all’italiana“, also so wie viele von uns sich das italienische Frühstück in einer Bar vorstellen und dann eben noch das „colazione italiana“, also so, wie Italienerinnen und Italiener zuhause frühstücken.
Colazione all’italiana – Frühstück nach italienischer Art
Ja, es gibt die Gewohnheit, dass Italienerinnen und Italiener morgens in einer Bar, im Stehen, am Tresen einen Espresso oder Cappuccino und ein cornetto frühstücken – ein Frühstück nach italienischer Art – ein colazione all’italiana. Ein cornetto ist ein Croissant aus Blätter- oder Hefeteig, das mit Marmelade, Schokolade oder Creme gefüllt ist. Die deutsche Coffee-to-go-Kultur findet sich in Italiens Straßen eher selten, auch im hektischeren Mailand nicht. Die Selbstbedienungscafès nach amerikanischem Vorbild haben sich glücklicherweise in Italien noch nicht durchgesetzt. Wenn schon außer Haus einen Kaffee, dann bitte schön in einer Bar.
Colazione italiana – italienisches Frühstück
Der Großteil der Italiener und Italienerinnen frühstückt aber genauso wie wir Deutschen zu Hause – nur eben etwas anders. Süß muss es sein, das colazione italiana – das italienische Frühstück. Statt Schinken- oder Käsebrötchen befinden sich auf einem italienischen Frühstückstisch getoastete dünne Brotscheiben mit Butter und/oder Marmelade bestrichen, Croissants bzw. cornetti oder sonst etwas Süßem. Auf keinen Fall dürfen die biscotti, die typischen trockenen und dennoch sehr leckeren italienischen Kekse, fehlen. Dazu gibt es einen caffè (Synonym zu Espresso) oder Cappuccino. Für Kinder gibt’s schon mal Cornflakes oder ähnliches mit Milch. Um die Kinder ans Kaffeetrinken heranzuführen wurde die latte macchiato, die heiße Milch mit einem Schuss Espresso, erfunden.
Ein üppiges Frühstück, wie wir es kennen, ist also unüblich. In Italien wird zwar häufig ein caffè in einer Bar getrunken – und das zu allen möglichen Tageszeiten, aber eben nicht ausschließlich. Ich kenne Italiener, die in ihrem 70-jährigen Leben vielleicht auf fünf Bar-Besuche kommen.
Üblich ist es jedoch, dass Berufstätige – diejenigen, die Bürojobs haben – am Vormittag mal eben in eine Bar gehen, um mit Kolleginnen und Kollegen einen caffè zu trinken.
So ein Barbesuch vor allem am (späten) Vormittag oder nach dem Mittagessen, wenn die Italienerinnen und Italiener einen Caffè, wie in Italien der Espresso heißt, in der Bar trinken, solltest du dir nicht entgehen lassen. Er ist ein Spektakel: Das Zischen der Caffèmaschine, das Klappern der Untertassen, das Geschick der baristi in Windeseile den gewünschten Kaffee zuzubereiten oder den anderen Gästen zuzusehen, wie sie sich miteinander unterhalten oder benehmen. Die Bar-Atmosphäre gibt auch der Beitrag „Süditalien: Caffè, Paestum und Fresken, Musikstil Tarantella“ aus der Reihe Radioreisen von Bayern 2 sehr schön wieder. Gleich am Anfang, ab Minute 1:50 geht’s um den Caffè in der Bar.
Eine italienische Freundin erzählte mir kürzlich, dass die Art des Kaffees, der im Laufe des Tages bzw. Vormittags getrunken wird auch von der Uhrzeit abhängt. Morgens um sechs, wenn die Arbeiter in die Bar kommen, wird schon mal ein Caffè corretto bestellt, also einer mit Grappa. Zwei, drei Stunden später ist es dann der Caffè oder auch der Cappuccino.
Espresso – Cappuccino – Latte macchiato
Keine Legende ist jedoch, dass ein Cappuccino nur am Vormittag getrunken wird. Keinesfalls nach dem Mittagessen, signalisiert es doch „ich bin nicht satt geworden“. Gleiches gilt auch für die Latte macchiato. Ein caffè, auch die „gefleckte“ Variante caffè macchiato (Espresso mit einem Klecks geschäumter Milch) oder der „doppelte“, der caffè doppio, gehen hingegen immer.
Sitzen oder Stehen
Ein Mythos ist auch, dass man sich auf gar keinen Fall für seinen cappuccio oder caffè hinsetzen sollte. Als cappuccio wird in Norditalien liebevoll der Cappuccino bezeichnet. Die Meisten nehmen nach wie vor ihren caffè al banco – im Stehen am Tresen – ein.
Doch es gibt auch (immer mehr) Bars, die auf dem Bürgersteig Tische haben, an die nicht nur ich mich setze, sondern auch Einheimische. Wenn ich allein im Urlaub in Italien unterwegs bin, gehe ich wahnsinnig gerne in eine Bar und bestelle ein cornetto und einen cappuccio – manchmal auch zwei. Klar, setze ich mich dann auch, plane den Tag, mache mir Notizen für einen Blogbeitrag oder beobachte das Treiben um mich herum. Ich habe ja alle Zeit der Welt …
Selbst im hektischen Mailand nimmt sich die eine oder der andere Zeit, um sich schon am Morgen zu einem caffè oder cappuccio zu verabreden.
Bevor du dich setzt, solltest du wissen, dass der Preis für den Kaffee ein etwas höherer ist als wenn du ihn am Tresen trinkst. Ich finde die Preise absolut vertretbar, weil sie im Vergleich zu Deutschland immer noch günstig sind – selbst in Mailand. Dort habe ich für zwei Cappuccini und ein Croissant 4,50 Euro bezahlt. Aus Frankfurter Sicht ist das spottbillig.
Bestellen und bezahlen
Wer nur stehen will, muss in fast allen Bars zuerst an der Kasse bezahlen. Danach gehst du mit dem scontrino, dem Bon, an die Theke, um den Espresso oder Cappuccino zu bekommen. Den Bon solltest du mitnehmen, wenn du die Bar verlässt, da er als Beweis gilt, dass du auch bezahlt hast.
Wenn du „italienisch“ erscheinen willst, bestell einen caffè. Denn in Italien wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem Kaffee, den du bestellst um einen Espresso handelt. Die verschiedenen Wahlmöglichkeiten wie sie von den USA auf Deutschland rüber geschwappt sind, gibt es in italienischen Bars nicht.
Wenn du sitzen willst, ist es ganz einfach. 😉 Du setzt dich, wartest bis ein Kellner oder eine Kellnerin die Bestellung aufnimmt und dir die Sachen an den Tisch bringen. Ich bestelle meistens am Tresen, weil ich mir das Croissant aussuchen will. Oft bin ich mir auch nicht soooo sicher, ob tatsächlich jemand an den Tisch kommt, um die Bestellung aufzunehmen. Bezahlen kannst du dann anschließend auch bei der Kellnerin oder dem Kellner.
Den Maximalpreis für einen Espresso im Stehen legt in Italien die jeweilige Kommune fest. 2018 war es in Messina am günstigsten einen caffè al banco zu trinken (um 0,75 €), in Bozen und Modena mit 1,11 € am teuersten. Mailand lag mit 1,01 € dazwischen. (Quelle: Milano Corriere) Vielleicht ist diese Preispolitik auch mit ein Grund, weshalb sich die amerikanischen Ketten noch nicht durchgesetzt haben. Abgesehen davon entspricht es auch nicht der italienischen Mentalität Cappuccino in verschiedenen Tassengrößen zu bestellen. Cappuccino wird aus einer 120–180 ml fassenden Tasse getrunken, nicht größer und nicht kleiner.
Canzone – Das Lied zum Blogbeitrag
Für diesen Blogbeitrag habe ich das in neapolitanisch gesungene Lied ‘Na Tazzulella ‘e cafè von Pino Daniele ausgewählt. Ins Italienische übersetzt heißt der Titel Una tazzina di Caffé (Eine Tasse Kaffee).
Welche Erfahrungen hast du mit dem italienischen Frühstück gemacht? Erzähl sie mir doch in den Kommentaren. Was möchtest du noch übers Frühstücken in Italien wissen?
Luciana meint
Brava Ulrike, sei simpaticissima!
Ulrike meint
Grazie Luciana!