Der gesamte Franziskusweg (Via San Francesco) von Florenz nach Rom ist etwa 600 Kilometer lang. Er verbindet die Orte, an denen Franz von Assisi (1181/82–1226) gelebt und gewirkt hat und deren Wege er selbst beschritten haben soll.
Inhaltsverzeichnis
Mein Weg beginnt: von La Verna nach Assisi
Für mich ist es die erste Pilgertour meines Lebens. Ich habe mich für die Strecke von La Verna nach Assisi entschieden. Sie sollte innerhalb von 14 Tagen machbar sein und ich stellte es mir schön vor, in Assisi anzukommen. In dreizehn Etappen will ich die rund 200 Kilometer zurücklegen, durch die Berge der Toskana und die grüne Weite Umbriens. Geworden sind es am Ende elf Etappen, da ich eine mangels Unterkunft „übersprungen“ und zwei weitere Etappen zusammengelegt habe: Unterkünfte sind auf dem Franziskusweg eher spärlich gesät im Vergleich zum Jakobsweg. Da ich einmal 30 Kilometer hätte laufen müssen, entschied ich mich stattdessen für einen Teil der Etappe für ein Taxi (in Ermangelung eines Busses). An einem anderen Tag fühlte ich mich fit genug, aus zwei Etappen eine zu machen und etwa 22 Kilometer zu laufen.
Was mich auf dem Weg erwarten würde? Ich wusste es nicht. Es war ein Abenteuer mit offenem Ausgang. Ich war gespannt: Würde ich die Höhenmeter schaffen? Würde ich einsam sein unterwegs? Würde ich den Weg überhaupt immer finden?
Was ich fand? Eine wunderbare Natur, Begegnungen, kleine Abenteuer – und eine neue Perspektive auf das Pilgern selbst.
Ein Weg, der fordert
Warum der Franziskusweg? Weil er durch Italien führt. Der Franziskusweg sei deutlich anstrengender und einsamer als der Jakobsweg, erzählen mir andere Pilger*innen, die den Jakobsweg schon gelaufen sind. Ich glaube ihnen sofort – auch ohne den Jakobsweg zu kennen.
Beim Franziskusweg müssen viele Höhenmeter überwunden werden. Kein Tag ohne An- oder Abstiege. Flach und eben? Fehlanzeige. Oft bin ich stundenlang allein unterwegs, treffe niemanden. Auch das macht diesen Weg aus.
Orientierung? Gut vorbereitet!
Meine Etappen (bei Komoot)
1. Etappe La più aventurosa – Die abenteuerlichste
La Verna – Pieve Santo Stefano
2. Etappe La più divertente – Die lustigste Etappe
Pieve Santo Stefano – Rifugio Pian della Capana
3. Etappe La più schifosa – Die härteste
Rifugio Pian della Capana – Sansepolcro
4. Etappe La piú noiosa in tutto: come strade, pianura, natura – Die langweiligste von allen hinsichtlich Wege, Natur, Umgebung
Sansepolcro – Citerna
5. Etappe La più lunga – Die Längste
Citerna – Lerchi – Città di Castello, Teil 1 und Teil 2
6. Etappe Con più ciclisti – Mit den meisten Radlern
Loc. Candeggio – Pietralunga
7. Etappe La più gialla – Die gelbste
Pietralunga – Mocaiana
8. Etappe La più corta – Die kürzeste
Mocaiana – Gubbio
9. Etappe La più da giungla – Die dschungelartigste
Gubbio – Tenuta Agricola Biscina
10. Etappe La più capricciosa dal punto di vista del meteo – Die Wetterkapriziöseste
Tenuta Agricola Biscina – Valfabbrica
11. Etappe L’ultima – Die letzte
Valfabbrica – Assisi
Das Argument, der Weg sei schlecht ausgeschildert, kann ich nicht bestätigen. Ich hatte mir im Vorfeld von der Seite viadisanfrancesco.it alle Etappen heruntergeladen und bei Komoot auf meine Bedürfnisse angepasst – mit Blick auf Länge der Strecke und Verfügbarkeit von Unterkünften. Die Wegmarkierungen nutzte ich unterwegs zur Orientierung.
Ursprünglich, einsam, echt
Wer das Ursprüngliche sucht, ist auf dem Franziskusweg richtig. Noch ist er touristisch kaum erschlossen. Entlang des Weges gibt es keine Verkaufsstände, keinen Souvenirkitsch. Wasser gibt’s an den sogenannten Fontanellen zum kostenlosen Abfüllen. Etwas zu Essen habe ich morgens eingepackt oder mich mittags in einer Bar mit einem Panino gestärkt. Es gibt allerdings auch Etappen, die ausschließlich durch Natur führen. Einkehr unmöglich.
Etappen, Planung und Unterkünfte
Pilgern sei auch eine Leibeserfahrung, las ich. Deshalb, so hieß es, solle man Etappen nicht zu kurz planen und auch an seine Grenzen gehen. Unterwegs habe ich gemerkt: Meine persönliche Grenze liegt bei 22 Kilometern. Meist war ich zwischen 16 und 18 Kilometern unterwegs.
Pilgerherbergen mit Schlafsälen gibt es. Aber Schlafsäle sind nicht mein Ding. Ich entschied mich stattdessen für Unterkünfte in Klöstern, Agriturismi, Pensionen und Hotels. Ich habe alle Unterkünfte ein bis zwei Tage im Voraus gebucht. Ich brauchte diese Sicherheit. Die Vorstellung, in einem Städtchen erschöpft anzukommen und mich dann noch um eine Unterkunft kümmern zu müssen, ist nichts für mich.
Ich hatte etwas Respekt vor meinem Vorhaben. Was erwartet mich? Werde ich alle Etappen schaffen? Werde ich einsam sein unterwegs? Wie gehe ich mit Unwägbarkeiten um? Meine größte Sorge: freilaufende Hunde oder Wildschweine. Werde ich trotz Komoot immer den richtigen Weg finden? Im Nachhinein kann ich sagen: alles unbegründet. Ce l’ho fatta! – Ich hab’s geschafft! Ohne Zwischenfälle, ohne Blessuren.
Begegnungen: gemeinsam unterwegs – und wieder allein
Respekt und Start in La Verna
Gleich im Kloster La Verna stoße ich auf eine Gruppe von fünf Italiener*innen, der ich mich anschließe. Kurz vor Pieve Santo Stefano trennen sich unsere Wege – unterschiedliche Unterkünfte. Doch wir sollten uns im weiteren Verlauf noch öfter treffen. Das bleibt nicht aus, solange man dieselbe Etappenlänge und dieselben Zielorte hat. Ich erkenne instinktiv andere Pilger*innen: am Rucksack, an der Wanderbekleidung, manche mit einem Tau-Anhänger. Das „Tau“ aus dem griechischen Alphabet ist ein Symbol des Franziskanerordens, das von Franz von Assisi als Zeichen der Erlösung und Demut gewählt wurde.
Der Sohn von La Verna
Im Hotel in Pieve Santo Stefano treffe ich die zwei deutschen Schwestern Evi und Rita. Wir verstehen uns auf Anhieb, gehen im gleichen Tempo. Einen Tag lang sind wir gemeinsam unterwegs, redend, lachend, schweigend, nebeneinander.
„Chi ha visto la Verna e non Cerbaiolo, ha visto la mamma e non il figliolo.“
„Wer La Verna gesehen hat, aber nicht Cerbaiolo, hat die Mutter gesehen, aber nicht den Sohn.“
Ein Zwischenstopp führt uns in die Einsiedelei Eremo di Cerbaiolo. Sie gilt als „Sohn“ von La Verna. Die Lage ist dem größeren und bekannten Kloster recht ähnlich. Auch über Cerbaiolo hebt sich eine Felszacke ab, die an den Monte Penna erinnert.
Bewohnt wird die Einsiedelei von einem Eremiten und seiner Haushälterin. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter empfängt uns. Er bietet uns sofort einen Caffè und ein süßes Teilchen an. Der Einsiedler mache heute Besorgungen, erzählt er uns. Er zeigt uns das Gelände und erzählt von der Geschichte des im 8. Jahrhundert gegründeten Klosters. Unsere Augen blicken in die Weite: vor uns ein Meer aus Grün, unterbrochen von den gelben Farbtupfern des blühenden Ginsters. Ein letzter Blick, ein letztes Foto. Wasservorrat auffüllen, Rucksack schultern. Auf mich warten noch 10 Kilometer, bis die Tagesetappe geschafft ist.
Gemeinschaft im Rifugio
Am Abend treffe ich in der Unterkunft – einem Rifugio – die Fünfergruppe von La Verna wieder, vier weitere Italiener und ein Ehepaar aus Südkorea. Dem Ehepaar werde ich immer wieder begegnen, bis kurz vor Assisi. Dort verpassen wir uns leider. Im Rifugio mache ich meine einzige Schlafsaalerfahrung. Wir werden bekocht und essen gemeinsam an einer langen Tafel. Rückblickend sind es genau diese gemeinsamen Abende (mit Italiener*innen), die mir in meinen Einzelunterkünften gefehlt haben.
Die härteste Etappe
Von Capanna nach Sansepolcro: Diese Etappe sollte diejenige werden, die mich am meisten fordert. Schroffes, glattes Gelände, meistens bergab. Monotonie für die Knie. Als ich in Sansepolcro ankomme, bin ich durch. Ich bin froh um mein Einzelzimmer, falle ins Bett und schlafe erstmal zwei Stunden. Am Abend belohne ich mich mit einem alkoholfreien Aperitif und einem 3-Gänge-Menü.
Meine Sinne sind durchgehend gefordert
Die folgenden Tage bin ich meist allein unterwegs. Erst abends, in den Unterkünften oder Städten, treffe ich andere Pilger*innen. Ich bin in der grünen Lunge Italiens angekommen: Umbrien. Immer grün. Und doch immer anders: Blumenwiesen, Klatschmohn, Ginster, Gemüse- und Getreidefelder, Wälder, Wiesen, Heuballen. Dazwischen vereinzelt Zypressen.
Der Duft von Rosmarin, Thymian, Holunder, Jasmin und wildem Ginster liegt in der Luft. Ich höre das Knirschen meiner Schritte, das Klick-Klack der Stöcke, das Rascheln der Blätter im Wind, Vogelrufe in der Ferne. Das Gluckern des Wassers in meiner Flasche. Das leise Knarzen des Rucksacks.
Ich laufe auf schmalen, festgetretenen Wegen, über breite Waldpfade und schroffe, steinige Strecken. Ich überquere Bachbetten auf Betonstelzen. Passiere Zäune, die Trüffelhunde in ihrem „Schnüffelgebiet“ halten sollen. Umbrien ist eine Trüffelregion. Und immer wieder lange Abschnitte auf Teerstraßen – manchmal direkt neben dem Verkehr.
Passo per passo – Schritt für Schritt
Nach vier Stunden, bei mittlerweile 27 Grad, die Schuhe sind staubig, die Füße kochen, lässt die Begeisterung für Flora und Fauna nach. Wie viele Kilometer sind es noch bis zum Ziel? Die letzten zwei ziehen sich, sind die anstrengendsten. Die Schritte werden immer schwerer, der Rucksack ebenfalls. Ich sehne mich nach dem Ankommen. Schritt für Schritt. Nicht nach oben schauen. Nicht fragen, wie viele Höhenmeter noch. Einfach weiter: Schritt für Schritt.
Nach fünf Etappen lässt die anfängliche Erschöpfung nach. Ich erhole mich schneller. Wie viel ist zu viel? Für mich sind 16 bis 18 Kilometer genau richtig, 22 Kilometer das Maximum. Nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil ich mit rheumatoider Arthritis vorbelastet bin. Ich höre auf meinen Körper und erkenne, was zu viel wäre und was genau richtig ist.
Gubbio und Kultur light
Der Weg wird zur Nebenstraße, der Schatten seltener. Und dann sehe ich sie – Marissa, eine Italienerin, allein unterwegs wie ich. Wir kommen ins Gespräch, gehen ein Stück gemeinsam, bevor wir uns am Ortseingang von Gubbio wieder trennen. Was ich damals noch nicht weiß: Wir werden uns einen Tag später bereits wiedersehen.
Ich schlendere durch die Straßen Gubbios, schaue mir Kirchen an, streife durch Gassen und komme ins Gespräch mit Loriano und Francesco – auch sie Pilger.

Auf ein klassisches Kulturprogramm verzichte ich während der elf Tage. Kirchen, Klöster, Einsiedeleien, Piazzas und die Gassen der Städtchen sollen die einzige Ablenkung sein. Kein Pflichtprogramm. Nur ein einzige Ausnahme mache ich: für das Gemälde „Die Auferstehung“ von Piero della Francesco in Sansepolcro.
Wolfslegende und Barfrühstück
Am nächsten Tag starte ich bereits gegen 6:30 Uhr. Es soll wieder warm werden und ich habe 22 Kilometer und 200 Höhenmeter zu bewältigen.
Der Weg führt zunächst durch ein Wohngebiet, vorbei an der Chiesa della Vittorina und der Bronzestatue „Franziskus mit dem Wolf“. Vor den Toren der Stadt soll Francesco den gefürchteten Wolf gebändigt haben.
Hinter dem Industriegebiet wird die Straße zum Feldweg. In der Bar an der Hauptstraße bekomme ich mein italienisches Frühstück. Die Gäste mustern mich interessiert, ich wechsle mit dem Barista ein paar Worte. Weiter geht es. Dem Tag entgegen.
Dem Tag entgegenzulaufen, finde ich besonders schön. Die morgendliche Stimmung. Das erste Licht. Die kühle Luft. Der Ruf des Kuckucks. Der Duft des Morgens – und eines ofenfrischen Cornettos. Mein heutiges Ziel: ganz „pilgerunfein“ ein Agriturismo mit Pool – und den will ich intensiv nutzen.
Zwischenstopp im Eremo di San Pietro in Vigneto
Ich mache einen Zwischenstopp im Eremo di San Pietro in Vigneto. Eine Ehrenamtliche erzählt mir: Abends gäbe es eine Fußwaschung für Pilger*innen sowie gemeinsames Singen in der Kapelle, danach wird im Innenhof gemeinsam zu Abend gegessen. Kurz bedaure ich, dass ich mich nicht noch einmal auf das Abenteuer „Schlafsaal“ eingelassen habe. Zumal ich auch Marissa wiedertreffe – und das südkoreanische Paar.
Promistatus auf der Hollywoodschaukel
Kurz vor dem Agriturismo Tenuta Biscina leitet mich Komoot prompt falsch. Ich frage ein älteres Paar, das gemütlich in der Hollywoodschaukel sitzt, nach dem Weg. Der Herr erklärt ihn mir, die Frau bietet mir einen Kaffee an: „Gradisci un caffè?“ Ich lehne dankend ab. Ich überlege, ob ich mich mit ihnen länger unterhalten soll – für einen Blogartikel. Aufgrund der Erschöpfung – und der Aussicht auf den Pool – entscheide ich mich dagegen. Außerdem will ich während meiner Pilgerreise frei sein vom Zwang, Blogthemen zu bearbeiten.
Tags drauf erfahre ich von meinen italienischen Pilgerkolleg*innen, dass das Paar schon „Promistatus“ habe. Die Zeitung Repubblica Roma und die Huffington Post haben über sie berichtet, weil sie jeder Pilgerin und jedem Pilger einen Kaffee und ein Gespräch anbieten.
Ich hingegen genieße den Nachmittag am Pool. Andere Pilger*innen sind ebenfalls dort. Einige von ihnen lassen sich das Gepäck von Unterkunft zu Unterkunft transportieren. So viel Pilgerergeiz habe ich dann doch, dass ich mein Gepäck selbst trage.
Wiedersehen in Valfabbrica
Am nächsten Tag geht’s weiter nach Valfabbrica. Bei der Ankunft im Ort ein großes Hallo mit Marissa, Loriano, Francesco, anderen Italiener*innen und einer Niederländerin. Wir sitzen an der Bar an der zentralen Piazza. Wir verabreden uns für später zum Aperitivo und ein gemeinsames Abendessen. Ich fühle mich pudelwohl inmitten dieser italienischen Runde.
Letzte Anstiege, erste Vorfreude
Dann steht auch schon die letzte Etappe an. Ich kann es kaum glauben, dass schon fast 170 Kilometer hinter mir liegen. Bin ich nicht erst gestern losgelaufen? Um 6:30 Uhr breche ich auf. Die Morgenstimmung ist wieder magisch.
Schon kurz nach dem Ortsausgang beginnt der erste Anstieg. 290 Höhenmeter sind zu überwinden. Oben angekommen, warte ich auf die Italiener*innen, um mit ihnen gemeinsam in Assisi einzulaufen. Die Basilika San Francesco und das Konvent sind schon in der Ferne zu sehen.
Emanuele, der die Strecke La Verna–Assisi schon viermal gelaufen ist, hat uns beim Abendessen einen Tipp gegeben: Weicht kurz vor Assisi vom offiziellen Franziskusweg ab und nehmt den Weg durch den Bosco di San Francesco. Ein paar Kurven mehr, aber lohnenswert.
Assisi! Geschafft.
Geschafft! Gemeinsam mit Loriano und Francesco betrete ich Assisi durch einen seitlichen Durchgang der Stadtmauer. Und da ist sie: die Basilica San Francesco. Unser Ziel. Im Statio Peregrinorum erhalten wir unser Testimonium – das Pilgerzertifikat. Es bekommt, wer mindestens 100 Kilometer gelaufen ist und fleißig Stempel gesammelt hat – in Kirchen, Einsiedeleien und in Unterkünften. Wir betreten die Basilika – die Unterkirche, dann die Oberkirche. In Wanderkleidung, mit Rucksack und Stöcken. Wir besichtigen das Grab des Heiligen Franziskus und bewundern die Fresken von Giotto.
Am Abend findet in der Unterkirche eine Pilgermesse statt. Alle Namen derer, die das Testimonium erhalten haben, werden vorgelesen. Auch ich werde erwähnt, erzählt mir Marissa später. Ich selbst habe die Pilgermesse geschwänzt, was ich hinterher bedauere. Ich hab’s am Samstagabend nachgeholt – nicht daran denkend, dass es der Tag vor Pfingsten ist und insofern ein feierlicher Pfingstgottesdienst mit Einzug von geschätzt einhundert Geistlichen, Chor und Soli stattfand. Bei YouTube ist er für die Ewigkeit festgehalten (ich auch :-)).
Unsere Wege trennen sich. Was bleibt, sind die Erinnerungen.
Pilgern – eine Reise zu mir selbst
Warum ich losgezogen bin
Für mich war das Pilgern eine Reise zu mir selbst. Ich war weder in einer Lebenskrise, noch bin ich übermäßig religiös. Mein guter Freund Bernd hat bereits mehrere Pilgertouren gemacht und erzählte begeistert davon: von Begegnungen, vom einfachen Leben unterwegs, von den gemeinsamen Abenden in den Unterkünften. Das ließ mich nicht los. Ich wollte wissen, was ein Pilgerweg mit mir macht. Ob überhaupt etwas passiert. Im Gegensatz zum Wandern hat beim Pilgern jede und jeder denselben Weg – der auch nicht unbedingt immer schön ist – und von dem nicht abgewichen wird. Ich erinnere mich an Strecken entlang einer Hauptstraße, wo ich auch noch einen Kreisverkehr passieren musste. Pittoresk ist etwas anderes. Ich glaube auch, das Wissen darum, gemeinsam auf dem Franziskusweg unterwegs zu sein, macht schon etwas mit einem. Franziskus ist Gesprächsthema. Für viele der Italiener*innen, die ich kennengelernt habe, ist er etwas Besonderes. Mir ist er ein durchaus sympathischer Heiliger.
Was ich über mich lernte
Jetzt weiß ich: Ich bin fürs Pilgern nur bedingt geschaffen. Schlafsäle? Nicht mein Ding. Ich brauche eine Rückzugsmöglichkeit – ein schlichtes Zimmer, wie ich es in den Klöstern fand, reicht mir. Ich benötige auch nicht ständig soziale Kontakte. Ich ließ die Gedanken fliegen, genoss die Natur, das temporäre Alleinsein und das Gehen in meinem Rhythmus. Die Idee des „gemeinsamen“ Weges gefällt mir durchaus. Insofern habe ich die nächste Pilgertour auch schon im Kopf.
Was am Ende bleibt
Ein „Erweckungserlebnis“ hatte ich nicht. Wohl aber eine Erkenntnis: Ich bin glücklich mit meinem Leben. Ich möchte nichts ändern. Und das ist vielleicht die schönste Erkenntnis, die ich unterwegs gewinnen konnte.
Du hast Lust bekommen, selbst loszugehen? In einem separaten Artikel beantworte ich Fragen rund um Etappenplanung, Ausrüstung und Unterkünfte.
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