Lesetipps – meine Lieblingsbücher aus und über Italien

Lesetipps - meine Lieblingsbücher aus und über Italien
Lesetipps – meine Lieblingsbücher aus und über Italien

[Update 28. Januar 2024]

Zur Frankfurter Buchmesse 2019 habe ich erstmals mein Bücherregal durchforstet, um dir  Autorinnen und Autoren vorzustellen, die ich nicht nur gerne lese, sondern die sich auch mit Italien befassen. Mittlerweile aktualisiere ich diesen Artikel regelmäßig, da ich immer neue Bücher entdecke, die ich lesenswert finde und die ich gerne mit dir teilen möchte. Vielleicht inspiriert dich der eine oder andere Lesetipp.

Ursprünglich erfolgte die Auflistung der Lektüreempfehlungen entsprechend dem Inhalt chronologisch. Angefangen im 19. Jahrhundert über den Zweiten Weltkrieg und dann die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts: Tomasi Di Lampedusa – Kohl – Feltrinelli – De Carlo. Da immer neue Bücher hinzukommen, ergänze ich die neuen nun einfach am Ende.

Buchempfehlungen – meine Lieblingsbücher aus und über Italien

Giuseppe Tomasi Di Lampedusa, Der Leopard

Ein Klassiker der italienischen Literatur ist „Il Gattopardo“ (Der Leopard/Der Gattopardo, je nach Ausgabe). Giuseppe Tomasi Di Lampedusa beschreibt in seinem Roman teils seine eigene Familiengeschichte in der zweiten Hälfte Mitte des 19. Jahrhunderts. Der gesellschaftliche Umbruch steht bevor: Don Fabrizio, Fürst von Salina, beobachtet voll wehmütiger Skepsis den Niedergang, den Machtverlust des Adels. Sein Neffe Tancredi hingegen steht für das neue Zeitalter.

Die häufig zitierte Aussage

Wenn alles bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern,

lässt Tomasi Di Lampedusa Tancredi sagen. Ganz nebenbei erfährst du auch noch, wie die Mafia entstehen konnte. Denn während der sizilianische Adel sich vergnügt, sich nicht für die sozialen Probleme interessiert, verliert er seine Macht und seinen Reichtum an die Flurhüter, die für ihn die Pacht eintreiben: die Mafia.

Giuseppe Tomasi di Lampedusa, Il Gattopardo*, übersetzt von Burkhart Kroeber, Pieper Verlag.

Christiane Kohl, Villa Paradiso – Als der Krieg in die Toskana kam

In dem Roman „Villa Paradiso – Als der Krieg in die Toskana kam” beschreibt Christiane Kohl drei junge Deutsche, Funker von Beruf, die nicht allzu viel zu tun haben – zunächst. Sie genießen auf einem Landsitz in der Toskana die Gastfreundschaft des Hausherrn und seiner Familie während des Zweiten Weltkrieges. Es ist das Jahr 1944. Als eine andere Wehrmachtseinheit eintrifft, wird die friedliche Idylle zu einem Ort der Barbarei, Folterungen und Verhören. Ein Stück wahrer deutsch-italienischer Geschichte. Achtung: Taschentuchalarm. Mich hat das Buch am Ende zu Tränen gerührt.

Christiane Kohl, Villa Paradiso – Als der Krieg in die Toskana kam, Goldmann Verlag.

Lesetipps - meine Lieblingsbücher aus und über Italien

Carlo Feltrinelli, Senior Service

Carlo Feltrinelli ist kein Autor im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr Verleger und Inhaber einer der wenigen unabhängigen Buchhandelsunternehmen in Italien – La Feltrinelli. Er hat das Buch „Senior Service“ (Senior Service) geschrieben, welches das Leben seines Vaters Giangiacomo Feltrinelli (Begründer des Feltrinelli-Verlags) nachzeichnet. Mich hat’s begeistert, weil es nicht nur das Leben des Sohnes aus gutem Hause – man könnte auch sagen, einer Kindheit im goldenen Käfig –, Lebemanns, Exzentrikers, Kommunisten und schließlich Verlegers beschreibt. Das Buch gibt auch Einblicke in die Nachkriegszeit Italiens. Carlo Feltrinelli versucht in dem Buch eine Rekonstruktion des Lebens seines Vaters, der zu einer der schillerndsten Figuren der italienischen Nachkriegszeit gehört und unter ungeklärten Umständen 1972 ums Leben kam. Carlo Feltrinelli war da gerade mal zehn Jahre alt.

Carlo Feltrinelli, Senior Service. Das Leben meines Vaters*, übersetzt von Friederike Hausmann, Carl Hanser Verlag.

Andrea de Carlo, Zwei von zwei

Das vermutlich bekanntestes Buch dieses italienischen Autors ist „Due di due“ (Zwei von Zwei). In diesem Buch erzählt er die Geschichte einer Freundschaft, die in Mailand beginnt, stellvertretend für seine Generation – die 68er – mit all ihren Hoffnungen und Utopien. Die Protagonisten Guido und Mario schlagen unterschiedliche Lebenswege ein, die ursprünglich mal gemeinsam begonnen haben. Doch wie die Ideale verwirklichen? Mario versucht es innerhalb der Leistungsgesellschaft, Guido hingegen versucht es als radikaler Außenseiter.

Ich habe fast alle seine Bücher gelesen, teils im Original, wie etwa „Villa Metaphora“ (Villa Metaphora). Das 900-Seiten-Werk spielt auf einer entlegenen Insel im Mittelmeer. Dort liegt das Luxusresort Villa Metaphora – ein Mikrokosmos, in dem wilde Natur auf luxuriöse Zivilisation trifft. Internationale Gäste (eine französische Journalistin, eine exzentrische amerikanische Schauspielerin, ein Banker nebst Gattin aus Frankfurt, ein Mailänder Ehepaar und ein italienischer Politiker) treffen auf lokales Personal. Doch das Idyll entpuppt sich schon bald als eine luxuriöse Falle.

Weitere lesenswerte Bücher von ihm sind*: „Noi tre“ (Wir drei), „Pura vita“ (Das wahre Leben), „L’imperfetta meraviglia“ (Ein fast perfektes Wunder) oder „Macno“ (Macno).

Andrea de Carlo, Zwei von zwei*, übersetzt von Renate Heimbucher, Diogenes Verlag.

Lesetipps - meine Lieblingsbücher aus und über Italien
Lesetipps – meine Lieblingsbücher aus und über Italien

Luciano de Cresenzo, Also sprach Bellavista

Du willst etwas über Neapel erfahren? Dann empfehle ich dir „Così parlò Bellavista“ (Also sprach Bellavista). De Cresenzo beschreibt hier, teils sehr philosophisch, die neapolitanische Mentalität. Immer wieder teilt er Spitzen gegen den Norden insbesondere Mailand aus. Die Lehrgespräche des Protagonisten Bellavista bringen philosophische, soziologische und politische Erkenntnisse zu Tage. Eine hatte ich in dem Beitrag „Vacanze in Sardegna tra Italiani“schon mal angerissen.

Luciano de Cresenzo, Also sprach Bellavista*, übersetzt von Linde Birk, Diogens Verlag.

Tiziano Scarpa, Venedig ist ein Fisch

„Venezia è un pesce“ (Venedig ist ein Fisch) ist der etwas andere Reiseführer. Wenn du dir auf einer Landkarte die Form anschaust, wirst du einen Fisch erkennen, der an der Leine hängt. Tiziano Scarpa beschreibt die Schönheit Venedigs anhand der Sinne und Körperteile: Füße, Beine, Herz, Gesicht, Ohren, Mund, Nase, Augen lauten die Kapitel, die beschreiben, was mit uns Leser*innen in Venedig passiert. So dienen etwa die Gerüste einzig und allein zu unserem Wohl: Denn wenn nicht einige der vielen sehenswerten Palazzi eingerüstet wären, kämen wir mit Hochschauen und Bewundern gar nicht mehr an unserem Ziel an. Ich find das Buch äußerst amüsant und lehrreich zugleich.

Tiziano Scarpa, Venedig ist ein Fisch*, übersetzt von Olaf Matthias Roth, Verlag Klaus Wagenbach. 

Petra Reski, Als ich einmal in den Canal Grande fiel

Buchtipp Als ich einmal in den Canal Grande fielIn ihrem Buch berichtet Reski sehr abwechslungsreich über ihr Leben in Venedig an der Seite „ihres Venezianers. Sie beschreibt einerseits die historischen Begebenheiten und die Schönheiten der Stadt. Andrerseits legt sie aber auch den Finger in die Wunde: So beschreibt sie eindrucksvoll, wie von politischer und wirtschaftlicher Seite alles getan wird, um noch mehr Tourist*innen nach Venedig zu holen. Ohne Rücksicht auf die Natur und die historischen Gebäude wird den Einwohner*innen Venedigs immer mehr Lebensraum genommen. Es ist diese Mischung aus Beschreibungen, Missständen und Persönlichem, die dieses Buch für mich ausmacht. Eine ausführliche Besprechung gibt es in diesem Artikel von mir.

Petra Reski, Als ich einmal in den Canal Grande fiel*, Verlag Droemer.

Christian Klinger, Die Liebenden von der Piazza Oberdan

Der Roman hat einen wahren Kern, um den Christian Klinger eine fiktive Geschichte spinnt, die dennoch realitätsnah ist. Er erzählt in diesem Buch die Geschichte der Triestiner Familie Robusti. Im Vordergrund stehen Vittorio Robusti und sein Sohn Pino. Der Roman umfasst den Zeitraum von 1916 bis 1945. In Zeitsprüngen vor und zurück wird abwechselnd die Geschichte von Vater und Sohn erzählt. Pino wurde kurz vor Kriegsende als Partisan beschuldigt und kam im Konzentrationslager Risiera San Sabba, ums Leben. In der Gefangenschaft schrieb er zwei berührende und bestürzende Briefe, die Christian Klinger als Basis diente. Eine ausführliche Besprechung gibt es in diesem Artikel

Christian Klinger, Die Liebenden von der Piazza Oberdan*, Picus Verlag.

Inge Adams, Ach, Italien!

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch „Ach, Italien“ in der Rückschau ihre Berufsjahre in diplomatischen und konsularischen Vertretungen Italiens in Deutschland. Sie beschreibt ihre Aufgaben zunächst in der italienischen Botschaft in Bonn, dann im italienischen Konsulat in Köln, das Miteinander mit den italienischen Kolleg*innen. Als Deutsche war sie den italienischen Kolleg*innen nicht gleichgestellt, zum Beispiel, wenn’s um die Anzahl der Urlaubstage geht. Amüsant fand ich auch die Vorstellungen, die manche Botschafter und Konsuln von Presse- und Medienarbeit haben Als PR-Frau musste ich mehrmals grinsen, wenn Diplomaten oder Konsuln glaubten, die deutsche Presse namentlich Radio Colonia, beeinflussen zu können. Oder auch, wie  sie lernt, Texte nicht nur zu übersetzen, sondern bei Bedarf auch zu beschönigen.

Wenn du dich für einen Blick hinter die Kulissen des diplomatischen Dienstes interessierst, empfehle ich dir das Buch sehr. Es ist sehr unterhaltsam.

Inge Adams, Ach Italien! Diplomazia all’italiana*, Books on demand.

Francesca Melandri, Eva schläft

Die Protagonistin des Romans „Eva dorme” (Eva schläft) ist Anfang vierzig, als sie den Anruf eines Mannes erhält. Es ist Vito Anania, der in ihrer Kindheit eine Zeitlang die Vaterrolle übernommen hatte, bevor er (scheinbar) für immer verschwand. Er liegt im Sterben und möchte Eva noch einmal sehen.

Sie reist mit dem Zug von Südtirol quer durch Italien in den äußersten Süden nach Kalabrien. Während der Zugfahrt lässt sie ihre Kindheit in Südtirol Revue passieren. Aufgewachsen im Schatten politischer Unruhen, als uneheliches Kind von Gerda, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und die sich ihren Platz in der Gesellschaft schwer erarbeitet hat.

Die Zugfahrt ist ein Eintauchen in ihre Lebensgeschichte, aber auch in die ihrer Mutter und — was den Roman so reizvoll macht — in die Geschichte Südtirols: Armut, Unterdrückung, Aufstände, Ansiedlung süditalienischer Personen, Sprachzwang.

Das Buch ist unterteilt in Kapitel, die zwischen Jahreszahlen und Kilometerangaben wechseln. In den Kapiteln mit den Jahreszahlen werden die geschichtlichen Ereignisse und die Geschichte von Evas Mutter Gerda erzählt. In den Kilometerangaben beschreibt Eva ihre Kindheit, ihr aktuelles Leben und lässt Begebenheiten der Zugfahrt einfließen.

Das Buch ist eine wunderbare und berührende Geschichte über Familie und Herkunft vor dem Hintergrund italienischer, südtiroler Geschichte.

Francesca Melandri, Eva schläft*, übersetzt von Bruno Genzler, Verlag Klaus Wagenbach.

Nicola Lagioia, Die Stadt der Lebenden

Das Buch "Die Stadt der Lebenden" als Hardcover von Nicola Lagioia vor einem Bücherregal mit italienischer Literatur.
Nicola Lagioia: Die Stadt der Lebenden

Auf dem Klappentext steht: „Wer Rom verstehen wolle, müsse dieses Buch lesen“. So ganz geh ich mit dieser Aussage nicht mit. Allerdings wird ein Rom beschrieben, dass wir als Tourist*innen nicht sehen und erleben. Chaotisch, ungleich, verroht, einsam, abweisend, düster

Nicola Lagioia rekonstruiert in „Die Stadt der Lebenden“ (La città dei vivi) auf 500 Seiten einen Mordfall aus dem Jahr 2016. Damals quälten zwei junge Männer um die 30 – aus gutem Hause – einen 23-Jährigen stundenlang zu Tode.

Es war unglaublich, dachte ich, wie Marco Prato und Manuel Foffo es geschafft hatten, mit dem Mord an Luca Varani ihr eigenes Leben zu zerstören. Kein Vorteil finanzieller Art, keine Karriere, kein Ruben, keine persönliche Rache, es gab keinen klassischen Beweggrund, der das, was geschehen war, erklärte. 

Das Buch ist eine Mischung aus Reportage, Fiktion, autobiographischen Elementen und Analysen.

Lagioia spricht mit zahlreichen Beteiligten, liest WhatsApp-Chats, Zeitungsberichte, schaut Fernsehsendungen und Interviews mit den Angehörigen an. (Bei RAI stehen sie bis heute online). Geschickt verbindet er diese Erkenntnisse miteinander, ohne dass es langweilig wird. Ein Motiv gibt es nicht. Dem Autor geht es nicht nur um die Umstände, die zu dem Tod führten, sondern auch um die Natur des Bösen, um den schmalen Grat am Abgrund, auf dem wir uns bewegen.

Der Mord an sich, wird auf etwa vier Seiten abgehandelt. Ich habe sie nicht so genau gelesen – zu grausam. Der Weg dorthin (zum Mord), die Charaktere, ihr Leben, ihre Erfahrungen und die Beschreibung der ewigen Stadt haben mich gefesselt.

Nicola Lagioia. Die Stadt der Lebenden*, übersetzt von Verena von Koskull, btb-Verlag.

Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise

Und dann darf natürlich Goethes „Italienreise“ nicht fehlen. Je nachdem wohin ich in Italien fahre, habe ich diese Lektüre mit im Gepäck, um mich auf seine Spuren zu begeben. So etwa auf Sizilien, wo ich ganz bewusst von ihm beschriebene Orte aufsuchte und einen Abgleich machte zwischen seinen Beschreibungen und dem Jetzt-Zustand.

Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise*, Insel Verlag.

Kennst du eines der Bücher und wie hat es dir gefallen? Welche italienische Lektüre empfiehlst du mir?

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Leser-Interaktionen

Kommentare

  1. Bettina meint

    Danke für die Anregungen. Hab gleich Lust bekommen, einige davon zu lesen.

    Tage im August von Dacia Maraini kann ich empfehlen, hat mir gut gefallen.

    • Ulrike meint

      Freut mich Bettina. Und Dacia Maraini kommt gleich auf meine Leseliste. Frauen sind bei meiner Aufzählung sowieso unterrepräsentiert.

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