I T A L I E N. Ehrengast bei der Frankfurter Buchmesse 2024. Das Ereignis muss auf meinem Blog gefeiert werden. Um diesen Anlass hier gebührend zu zelebrieren, werde ich in den nächsten Wochen bis zum Beginn der Buchmesse alle paar Wochen ein Kurzinterview veröffentlichen. Mit Italienerinnen, Kulturmanagerinnen, einer Italienliebhaberin, Buchhändlerin, Journalistin … Die Klammer: ihre Liebe zu Büchern und Italien.
Von meiner heutigen (und letzten) Interviewpartnerin kenne ich in erster Linie die Stimme. Luciana Caglioti ist einer der Moderatorinnen der italienischsprachigen Sendung WDR Cosmo Italiano. Eine Sendung, die mich seit Jahrzehnten begleitet. Über einen meiner Mailandartikel sind wir in Kontakt gekommen. Luciana ist Mailänderin und liebt ihre Heimatstadt. 😍 Beste Voraussetzungen für einen Austausch.
Mit Luciana kannst du dich bei Instagram oder Facebook vernetzen, ihre Website besuchen – und natürlich bei WDR Cosmo Italiano hören.
Luciana ist übrigens auch als Schauspielerin tätig. Sie ist unter anderem in dem Film „Bella Germania“ von Daniel Speck zu sehen. Ein Buch, das Vanessa zu lesen empfiehlt.
Ehrengast Italien bei der Frankfurter Buchmesse:
Interview mit Luciana Caglioti
Welche drei (italienische) Bücher würdest du mit auf eine Insel nehmen?
Ich würde auf jeden Fall „Mrs. Dalloway“ von Virginia Woolf mitnehmen. Ein Buch, das ich mehrmals gelesene habe. Ich finde, dass in keinem anderen Werk der Bewusstseinsstrom so meisterhaft wiedergegeben wird. Das Buch erweckt in mir Sehnsucht, Lebenslust, Nostalgie und gibt mir einen frischen Wind der Freiheit. Niemand kann die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, und die Zeitausdehnung in einem einzigen winzigen Augenblick besser beschreiben als Virginia Woolf. Die Erinnerungen und die Sinnlosigkeit des Krieges, das Heimweh und die Tiefe der Gefühle, die Schwere und die Leichtigkeit des Seins. Das und vieles mehr ist für mich „Mrs. Dalloway“.
Dann würde ich „Arturos Insel“ mitnehmen, denn keiner kann wie Elsa Morante so real, magisch und mit solchen farbenprächtigen Bildern eine Welt, eine Kindheit, eine Insel in Erinnerung rufen. Die Insel wird zum Universum, also die ideale Lektüre auf einer einsamen Insel. 🙂
Als drittes würde ich „Der Zauberberg“ von Thomas Mann mitnehmen. Auch ein Buch, unter anderem, über die Zeit. Es ist wie ein unendlicher Brunnen, aus dem man immer wieder schöpfen kann, weil wir darin unglaublich viel finden können. Am „Zauberberg“, hat mich das Gefühl, in der Schwebe der Zeit zu stecken, wie in einem zeitlichen Zwischenraum stehen zu bleiben, am meisten fasziniert.
Das Buch ist eine bezaubernde Verschmelzung von Prosa und Poesie, von Wissenschaft und raffinierter Kunst. Der Roman gibt mir das Gefühl, in der Zeit zu schweben. Ein Gefühl, das ich sehr liebe.
Digitales Lesen oder physisches Buch in der Hand?
Auf jeden Fall das physische Buch in der Hand. Ich würde ein interessantes Buch auch digital lesen, doch nur sporadisch. Ich liebe Bücher aus Papier. 🙂
Bücherregal oder öffentlicher Bücherschrank
Meine Bücher sind alle in meinen Bücherregalen im Flur.
Wie sortierst du deine Bücher?
Nach Sprachen: Italienisch, Deutsch, Englisch.
Was liest du aktuell?
Ich habe mir vorgenommen, wieder mehr Klassiker zu lesen. Im Moment lese ich „Zeno Cosini“ von Italo Svevo.
Dein liebster/bevorzugter Leseort?
Auf dem Sofa, im Café oder im Bett.
Welches (italienische) Buch sollte ich unbedingt lesen und warum?
„Der Name der Rose“ von Umberto Eco. Das Eintauchen in die Welt des Mittelalters ist einmalig. Für mich ist der vielschichtige Roman faszinierend und so spannend, dass ich nicht wollte, dass es zu Ende ging. Die Message ist wichtig und aktuell: Das Lachen als Ausdruck der Freude und der Lebenslust wirkt als „Gegenmittel“ gegen die Übel der Welt. Damit vermittelt der Roman den gesellschaftlichen Wert des Lachens und der Satire. Gleichzeitig klagt das Buch gegen die Zensur von Wissen und Forschung aufgrund von religiösem Fanatismus an.
Welches ist deine (ital.) Lieblingsautorin, dein (ital.) Lieblingsautor?
Eine? Ich habe mehrere: Elsa Morante, Sibilla Aleramo, Veronica Raimo, Francesca Melandri, Dacia Maraini und Marilina Giaquinta.
Bei den Autoren sind es Andrea Camilleri, Stefano Benni, Italo Svevo, Gianrico Carofiglio und Andrea De Carlo. Auch Franz Kafka liebe ich sehr, auch wenn er keine Italiener ist.
Welche Beziehung hast du zu Italien?
Italien ist das Land, in dem ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Das ist der Ort meiner Seele und meines Herzend. Das Land, von dem ich weggegangen bin, das ich aber nie verlassen habe. Ich liebe meine Heimatstadt Mailand inbrünstig. Auch den Süden mag ich sehr. Mein Vater kam aus Kalabrien. Meine Mutter ist in Triest geboren, allerdings in Mailand aufgewachsen. Sie sprach auch Mailändisch. Ihre Eltern kamen aus Apulien. Also, ich komme ein bisschen überall her aus Italien und liebe das ganze Land.
Gastland Italien bei der Buchmesse bedeutet für mich …
… die Vielfalt der italienischen Literatur und Kultur zeigen zu können, sich einem breiten Publikum zu präsentieren und damit zu zeigen, dass italienische Autoren und Autorinnen sich keinem Zensurversuchen beugen. Italienische Intellektuelle haben bei der diesjährigen Buchmesse die Gelegenheit, den Eingriff der italienischen Politik in die Kultur zu thematisieren und darüber zu diskutieren.
Alle erwähnten Bücher bekommst du in stationären (inhabergeführten) Buchhandlungen. Falls du lieber online bestellen möchtest, dann schau doch im Onlineshop von Susanne Greves Buchhandlung Weltenleser – der Buchhandlung meines Vertrauens – vorbei.
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