
[Update 9. April 2025] Wenn in Italien zwischen 18 und 21 Uhr Stimmengewirr, Gläserklirren und herzhaftes Lachen aus den Bars tönt, ist klar: Es ist Zeit für den Aperitivo all’italiana. Die Gewohnheit, nach der Arbeit einen Aperitivo zu sich zu nehmen, ist eine der genialsten italienischen Erfindungen. Dieses liebgewonnene Ritual gehört zu den charmantesten italienischen Kulturtraditionen. Was genau steckt hinter der italienischen Aperitifkultur?
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Aperitivo all’italiana?
Der Aperitivo ist mehr als ein Drink vor dem Abendessen – er ist ein soziales Ritual, ein kulinarisches Zwischenspiel und ein Ausdruck italienischer Lebensfreude. Ob auf der Terrazza Duomo 21 in Mailand oder an der schlichten Bar-Theke – überall gehört zum Getränk mindestens eine Kleinigkeit dazu. Chips, Nüsse oder ein paar Oliven – im Preis inbegriffen. Es geht aber noch mehr – oft werden raffinierte kleine Häppchen (stuzzichini) gereicht.
Der Ursprung des Aperitivo all’italiana
Die Aperitivo-Tradition reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Damals erfand Antonio Benedetto Carpano den Wermut in Turin, der von dort aus schon bald nach ganz Europa exportiert wurde. Wermut, eine Mischung aus Weißwein und Kräutern – der erste Aperitif par excellence. Er wurde um 1800 nicht nur in Turin, sondern auch in Genua, Florenz, Venedig, Rom, Neapel und Mailand getrunken.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts hat Carlo Gancia den Wermut Gancia – „Bianco Gancia – entwickelt. Er wurde der offizielle Wermut des Königshauses, der Aristokratie sowie des Königtums. Italien wäre nicht Italien, wenn es nicht auch einen für die Unabhängigkeitsbewegung – den „Gancia Garibaldi“ – gegeben hätte.
Aperitivo – Wann und wie?
Die klassische Aperitivo-Zeit liegt zwischen 18 und 21 Uhr. Dann schenken Bars nicht nur Getränke aus. Sie servieren auch stuzzichini, kleine Häppchen, die die Sinne anregen sollen. Stuzzicare heißt so viel wie reinstechen oder auch anregen. In Aperitivo steckt das Wörtchen aprire – öffnen. Ein Aperitivo soll also nicht das Abendessen ersetzen, sondern den Appetit dazu anregen. Nur Tourist*innen laden sich die Teller voll, um sich das Abendessen zu sparen. Das ist ein absolutes No-Go.
Manche Bars beugen dem vor, indem die Bedienung den Gast zum Buffet begleitet und die Häppchen direkt auf den Teller legt. In einigen Lokalen gibt es ein reichhaltiges Buffet – je nach Location ist es gratis oder im Getränkepreis enthalten.

Aperitivo – Preise
Die Preise variieren je nach Stadt und Atmosphäre des Lokals. Du bekommst in jedem Fall für dein Geld eine schöne Portion italienisches Lebensgefühl. In Mailand habe ich für ein Aperol Spritz 10 € statt 5 € bezahlt – dafür gab’s ein üppiges Buffet. In Alessandria, einer charmanten Stadt im Piemont, gab’s den Negroni sbagliato für 5 € – und dazu ein üppiges Angebot an stuzzichini, das den Appetit aufs Abendessen perfekt anregte.
Beliebte Drinks (auch alkoholfrei)
Neben der richtigen Atmosphäre spielt natürlich auch die Getränkewahl eine zentrale Rolle. In Italien gibt es eine Vielfalt an Drinks, sowohl mit als auch ohne Alkohol.

Neben (Cocktail-)Klassikern wie
- – Aperol Spritz
- – Negroni (sbagliato)
- – Mi-To
- – Bellini
- – Prosecco
gewinnen auch alkoholfreie Optionen an Beliebtheit
- – Crodino
- – Sanbitter
- – Martini alkoholfrei (Floreale mit Kamille oder Vibrante mit Bergamotte)
Mein Favorit: Martini Floreale – pur auf Eis.
Aperitivo all’italiana zuhause organisieren
Wer nicht jedes Wochenende nach Mailand, Turin oder Neapel reisen kann, bringt den Aperitivo einfach nach Hause. Ich zum Beispiel habe das italienische Ritual längst nach Frankfurt importiert. In abgewandelter Form organisiere ich es bei mir zuhause. Ich liebe es, italienisch zu kochen, alles hübsch anzurichten und meine Freund*innen zusammenzubringen. Alle paar Monate lade ich Freund*innen zu einem aperitivo all’italiana ein. Wir verbringen ein paar kurzweilige Stunden an einem Samstagnachmittag und danach gehen alle angeregt von Häppchen und Gesprächen ihres Weges.
Häppchen-Ideen: Was passt zum Aperitif?
Bei der Zubereitung der stuzzichini tobe ich mich aus. Ich habe ein paar Standard-Häppchen und dann gibt es immer etwas Neues. Wäre für die Gäste auch langweilig, wenn sie immer dieselben Häppchen bekämen – von mir gar nicht zu reden. Ein absolutes Muss sind die Frittata nach dem Rezept der „nonna“ meiner Au-pair-Familie und Focaccia. Wahlweise gibt es außerdem Gemüsebällchen, gefüllte Blätterteig-Taschen, Melone-Rettich-Häppchen, Birne-Schinken-Häppchen, Polenta, Pumpernickel mit Sardinen.
Crostini – kleine Alleskönner
Ob mit Fenchel-Orange, Olivenpaste oder Pilzen: Crostini lassen sich schnell zubereiten und vielseitig belegen. Hier ein paar Lieblingskombinationen:
- – Hummus mit Radicchio
- – Mozzarella mit Artischocken
- – Kartoffelcreme mit Thymian
- – Erbsencreme mit Minze
- – gedünstete Pilze

Bei mir darf‘s manchmal auch was Süßes sein
- – Orangenkuchen
- – Kokosbällchen
- – Pasta di mandorle
Der Aperitivo ist mehr als nur ein Drink – er ist ein Stück italienischer Alltagskultur. Ob in Mailand, Rom oder bei dir zuhause – es geht um Gemeinschaft, Genuss und Gelassenheit. Probier es aus!
Welche Aperitivo-Traditionen kennst du aus Italien? Hast du eigene Häppchen-Klassiker? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Meine Rezepte
Herzhafte Häppchen
Focaccia
Melone mit Rettich
Frittata alla nona Pupi
Pumpernickel mit Sardinen
Brot mit Bärlauchpesto
Frittierte Polenta
Crostini mit Erbsencreme
Crostini mit Kartoffelcreme
Crostini mit Büffelmozzarella und Artischocken
Süße Häppchen
Fruchtig-fluffiger Orangenkuchen
Ricotta-Kokosbällchen
Pasta di mandorle
Baci di dama
Panettonini
Pitje meint
Die Fotos machen hungrig. Sieht alles sehr verführerisch aus.
Ulrike meint
Danke Pitje. War am Ende auch alles weg.
Miriam meint
Ich hab mal gelesen, dass es der Fünf-Uhr-Tee erlaube, die Zeit bis zum Abendessen in Würde zu überstehen. Ich finde, dass passt für den aperitivo auch 🙂
Ulrike meint
Unbedingt passt das für den aperitivo. Damit kann man auch schon vor fünf Uhr beginnen. ?
Nicole meint
Interessanter Beitrag und eine wundevolle Idee!
Ulrike meint
Danke Nicole!
Alex meint
Ich habe das mit dem #Aperitivo nie richtig verstanden. Danke Ulrike für die Aufklärung und Hintergrundinfos in Deinem Blogbeitrag und das ich schon zu früher Stunde Apettit darauf habe… ?
Ulrike meint
Lieber Alex,
und dabei ist das doch so einfach. ? Ein paar Stündchen musst du allerdings noch Geduld haben, bis aperitivo-Zeit ist.
jke meint
Ohh, beim dem Bitter möchte ich sogleich Nachschub holen. Diese Länder mit so einer Kultur des Zusammenseins machen es doch wirklich richtig.
Ulrike meint
So was von richtig …